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Watchdogs Legion Ersteindruck

Watchdogs Legion erster Eindruck: OK, I’m biased, seit 11 Jahren fahr ich regelmäßig mindestens ein Mal im Jahr nach England rüber, und dieses Jahr ist das erste Jahr seit ich weiß nicht wann, in dem das nicht möglich war, und wer weiß wie’s nach dem vollzogenen Brexit weitergeht. Also hol ich mir London eben auf den PC. Als jemand, der London inzwischen doch recht gut kennt kann ich also schon einmal das über dieses Spiel sagen: London, speziell die bekannteren Gegenden, ist ausnehmend gut geworden, es macht Spaß, einfach an den Orten, an denen man auch schon mal „in Echt“ war, im Spiel herumzulaufen und auf Sightseeing Tour zu gehen.

Sobald ein Spiel in einer „bekannten“ Umgebung spielt, ist Ubisoft am besten. Drum ist Breakpoint mit seiner sehr generischen Phantasie-Insel ja auch so gefloppt: das Faszinierende an den Ubisoft-Welten ist ja ihre Wiedererkennbarkeit, selbst wenn sie, wie in Wildlands, tatsächlich „nur“ eine grobe Anlehnung im Westentaschenformat oder in Assasins Creed nicht… „aktuell“… sind. Aber ob New York und Washington in Division, Kolumbien in GR Wildlands, Chicago und San Francisco – und jetzt London in Watchdogs – hier glänzt Ubisoft schon aus Tradition.

Aber was ist nun mit dem Spiel selber? Hält es dem Hype und den geweckten Erwartungen Stand, der über die letzten 2 Jahre mit großem Werbeaufwand dran geknüpft wurden? Ja und Nein. Die Grafik ist ganz gut gelungen, speziell, wenn man eine RTX-GraKa hat (und eine nicht zu schwachbrüstige CPU), raubt einem aber jetzt auch nicht vollends den Atem, es ist halt die aus WD2 bekannte etwas aufgepeppt um mehr Details und besseres Lighting. Aber die große Einzigartigkeit des Prinzips „spiele jeden NPC der rumläuft und mach ihn zu einem Mitglied deines Teams“, das in der Werbung als DAS zentrale und innovative Spielprinzip dargestellt wurde ist stellt sich am Ende doch mehr so als ein nices Zusatzelement heraus, das dem aus WD2 bekannten Gameplay zwar tatsächlich ein wenig Würze gibt, weil man nicht immer nur mit dem selben Charakter durch die Gegend läuft, sondern mit einer Auswahl verschiedenster Charaktere mit verschiedenen Fähigkeiten und Spezialisierungen, aber deshalb trotzdem kein alles verändernder Gamechanger ist.

Was, nicht falsch verstehen, durchaus reizvoll ist, weil es ermöglicht, verschiedenste Spielstile von extrem offensiv bis extrem stealthy abwechselnd zu spielen, ohne ständig erst einmal das komplette Gearset umzubauen und den Skill-Tree neu zu sortieren, nur weil man halt auch mal eine andere Vorgehensweise ausprobieren will bzw. für die verschiedenen Missionen auch wirklich verschiedene Skillsets benötigt und sich nicht festlegen muss wie in manchen anderen Games. Dass man jederzeit auf sehr verschiedene Skillsets zurückgreifen kann, ermöglicht dabei auch entsprechend variantenreiche Missionen, und entsprechend nutzt Ubi diese Möglichkeit dann auch im Design der Missionen, die für Ubisoft Verhältnisse – also im Vergleich mit den anderen Ubisoft-Flagschiffen – deutlich abwechslungsreicher und auch offener in den Möglichkeiten, sie anzugehen gestaltet sind.

Was den Charakteren allerdings ein wenig abgeht ist Tiefe, sie neigen ein bisschen zu arger Beliebigkeit. Ich weiß nicht genau, warum, denn grundsätzlich sind sie schon stimmig und speziell im englischen Original auch nicht völlig generisch. Speziell die Voice-Actors, die sie sprechen – mit wunderschönen britischen Akzenten – geben den Figuren durchaus Charakter. Aber ihnen fehlt am Ende dennoch die Tiefe, die aus ihnen Persönlichkeiten machen könnte. Aber vielleicht wäre das auch ein bisschen viel verlangt. Zumindest von Ubisoft, die jetzt auch nicht wirklich berühmt für tiefgründige Charakterzeichnung sind. Gameplay und Missionen: wer WD2 gespielt hat wird sich im Gameplay schnell wieder zurecht finden, hier hat sich im Grundsätzlichen nicht viel geändert. Was nichts Schlechtes ist, wenn mans mochte, und das Gameplay fand ich auch in WD2 schon erfrischend reizvoll und eigenständig, gerade im Vergleich zu klassischen Shootern einerseits oder Jump-and-Run-ähnlichen „Geschicklichkeits“-Spielen andererseits hat sich WD schon immer eine eigene kleine Nische gesucht und diese auch gefunden, indem es zwar ein paar Elemente aus all diesen Welten nimmt, diese aber mit der sehr geschickt gemachten Möglichkeit der Manipulation der Umwelt mit Hilfe von „Hacks“ und Hijacking von Technik kombiniert. Hat mir schon in den Vorgängern gefallen und gefällt mir in der jetzigen Weiterentwicklung ebenfalls wieder.

Für Leute, die auf eher „schnelles“ Gameplay stehen ist das allerdings wahrscheinlich eher abschreckend, denn man verbringt schon erstmal viel Zeit beim Ausspähen der Umgebung einer Mission und dem Ausloten der Möglichkeiten, die diese Umgebung so bietet. Je besser man sich den Ort eines (zukünftigen) Geschehens angesehen hat, desto geschickter kann man diese Umgebung zu seinem Vorteil nutzen und die Mission erfüllen. Mir persönlich macht sowas großen Spaß, und ich mag das Erfolgserlebnis, das einem das Spiel liefert, „wenn ein Plan funktioniert“ und die etwas längere Vorbereitungzeit, die man in Ausspähen und genauer Beobachtung (und jetzt auch in die Auswahl des für den Plan am besten passenden Teammitglieds) gesteckt hat, sich ausgezahlt hat. Die Story ist im Vergleich zu WD2 wieder etwas düsterer, was dem Game gut tut, aber es rutscht auch nicht mehr gänzlich zurück in die Tristesse des ersten Teils sondern übernimmt aus dem zweiten noch genug Quirkiness und Absurdität, um dem ernsten Hintergrund auch genug komische Seiten zu verleihen.

Auch das ist aber natürlich Geschmackssache, und ich werde meinen Charakteren jetzt auch nicht die komplett durchgeknalltesten Klamotten und Masken aufsetzen, wenn ich sowas haben wollte würde ich eher GTA spielen. Der Untergrundkampf gegen ein faschistoid gewordenes London unter der Fuchtel einer Verbrechergang einerseits und einer privaten Security, die sich die Stadt und den Staat unter den Nagel gerissen hat gibt der Story aber auf jeden Fall mehr „Purpose“ als die Jagd nach billigem Media-Fame in WD2.Als Fazit würde ich sagen, ist es ein recht typisches Ubisoft-Game, im Guten wie im Schlechten. Ubisoft ist jetzt nicht bekannt dafür, die emotional besonders tiefgehenden Stories zu erzählen und Persönlichkeiten für seine Protagonisten zu entwickeln, die über relativ oberflächliche, oft stereotype Charakterdarstellungen hinaus gehen. Am Ende wählt man die Leute, die man sich ins Team holt, dann halt auch nach ihrem – relativ willkürlich und zufällig vorhandenem Skillset aus, nicht etwa nach ihrer Persönlichkeit. Was sie als Charaktere leider ein bisschen austauschbarer und damit als „Individuen“ entbehrlicher macht als man sichs wünschen würde.

Dennoch ist der zusätzliche Layer reizvoll, denn diese verschiedenen Charaktere ermöglichen es dem Spiel, auf komplexe Skilltrees weitgehend und Leveling komplett zu verzichten, was ich persönlich ungemein reizvoll finde, weil man sich eben um Story und Umgebung kümmern kann ohne dauernd auf den Level und das nochmal bessere Gearset etc. schielen zu müssen. Es gibt da schon ein bisschen was zum Ausbauen, ein paar Gadgets und ein paar bessere Hacking-Skills, die man (für alle Teammitglieder) ausbauen kann, aber das ist extrem übersichtlich im Vergleich zu anderen Games, die Progressionen über Aberdutzende Schritte gehen und dazu auffordern immer mehr und immer besseren Scheiß zu sammeln ohne das Gefühl, dass es auch irgendwann mal reicht.

Ich bin jedenfalls neugierig, wie die durchaus spannende Story sich weiter entwickelt, London macht mir als Umgebung aus Gründen ebenfalls extremen Spaß und ich bin sehr gespannt, ob mich diese beiden Faktoren diesmal dazu kriegen, das Spiel tatsächlich durchzuspielen – denn bei allem Spaß, den ich mit WD2 hatte, hatte es der Vorgänger irgendwann geschafft, mich nicht mehr zu fesseln, vor allem wegen der leider deutlich schwächeren Story und der andauernden sehr lächerlichen Jagd nach Pseudo-Fame, die sowas wie Likes auf Instagram oder ähnliches simulierte. Diesmal gehts aber nunmal in London gegen faschistoide Unterdrückung, und sowas ist dann schon mal wieder was, wofür es sich lohnt, ein paar virtuelle Nasen einzuschlagen….

Autor des Textes und Rechteinhaber der Bilder: Sven Scholz.

Genutzt mit freundlicher Erlaubnis des Autors

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GPSchnyder

Author und Wiederbeleber der CPC. Nebenbei Vater, Hausmann, Youtuber, Author und Musiker. Geek of many things mit Affinität zum cineastischen Storytelling in Bild, Schrift und Ton.

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